Viele Frauen geraten in Sorge, wenn sie in der Frühschwangerschaft versehentlich das Verhütungsmittel einnehmen. Du fragst dich sicher: Was passiert, wenn man während der Schwangerschaft die Pille nimmt? Ob es sich um orale Kontrazeptiva oder die Antibabypille in der Schwangerschaft handelt – das Thema ist emotional und medizinisch komplex. In diesem Artikel erklären wir, wie der Körper hormonell reagiert, welche theoretischen Risiken diskutiert werden und wie die praktische Studienlage die meisten Sorgen entkräftet. Gleichzeitig erhältst du wertvolle Hinweise, was du tun solltest, falls du betroffen bist.
Inhaltsverzeichnis
Wie wirkt die Pille?
Die Pille basiert üblicherweise auf einer Kombination der Hormone Östrogen und Gestagen. Diese Hormone unterdrücken den Eisprung und verändern die Gebärmutterschleimhaut, um eine Schwangerschaft zu verhindern. Während der Schwangerschaft jedoch übernimmt dein Körper die Produktion von Hormonen wie Progesteron und dem humanen Choriongonadotropin (HCG). Eine zusätzliche Zufuhr von Hormonen über orale Kontrazeptiva kann theoretisch den natürlichen Hormonhaushalt stören – auch wenn die meisten Studien belegen, dass die kurzfristige Einnahme in der Regel keine schwerwiegenden Folgen hat.
- Östrogen in der Schwangerschaft: Unterstützt den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut, kann aber in zu hohen Dosierungen den natürlichen Hormonhaushalt beeinflussen.
- Gestagen in der Schwangerschaft: Wichtig für den Erhalt der Schwangerschaft; zusätzliche Mengen könnten den natürlichen Ablauf theoretisch modifizieren.
Kurzfristige Auswirkungen der Pilleneinnahme
Mehrere Studien haben untersucht, ob Pille während Schwangerschaft kurzfristig zu negativen Auswirkungen führt. Eine oft zitierte Untersuchung von Czeizel & Rockenbauer (1994) im BMJ fand bei einmaliger oder kurzfristiger Einnahme keine signifikanten Unterschiede bei angeborenen Fehlbildungen¹. Die Studie ist auf PubMed verfügbar: PubMed Abstract.
Mögliche kurzfristige Nebenwirkungen können sein:
- Übelkeit und Erbrechen: Häufig, aber meist nur vorübergehend.
- Stimmungsschwankungen: Die zusätzliche Hormonzufuhr kann kurzfristig emotionale Veränderungen bewirken.
- Leichte Zwischenblutungen: Selten, jedoch möglich.
Diese Effekte sind in den meisten Fällen nur vorübergehend. Sollten die Symptome jedoch länger anhalten oder stark ausgeprägt sein, ist es wichtig, schnellstmöglich ärztlichen Rat einzuholen.
Langfristige Risiken und Entwicklungsrisiken
Die Diskussion um langfristige Risiken – wie das Fehlbildungsrisiko durch Pille – ist in der Fachwelt kontrovers. Die World Health Organization (WHO) bewertet in ihrem „Medical eligibility criteria for contraceptive use“ (5. Ausgabe, 2015) die Einnahme von oralen Kontrazeptiva während der Schwangerschaft als kontraindiziert. Gleichzeitig betont sie, dass eine versehentliche, kurzfristige Einnahme in der Regel nicht zu schwerwiegenden langfristigen Folgen führt². WHO MEC 2015
Auch die Leitlinien des American College of Obstetricians and Gynecologists (ACOG, 2018) kommen zu dem Ergebnis, dass eine einmalige oder kurzfristige Einnahme in der Frühschwangerschaft praktisch keine erhöhten Fehlbildungsraten verursacht³. ACOG Leitlinien
Theoretische Risiken:
Einige Studien weisen theoretisch auf mögliche Zusammenhänge zwischen zusätzlicher Hormonzufuhr und bestimmten Fehlbildungen hin. Dabei stehen insbesondere folgende Befunde im Fokus:
- Herzfehler: Vereinzelt wurde über einen leichten Anstieg von kongenitalen Herzfehlern (wie Ventrikelseptumdefekte oder Atrioventrikuläre Septumdefekte) berichtet.
- Neuralrohrdefekte: Es gab vereinzelt Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für Neuralrohrdefekte, wobei die Datenlage hier uneinheitlich ist.
Wichtig ist, dass diese theoretischen Risiken in der Praxis statistisch nicht belegt sind. Die meisten Untersuchungen bestätigen, dass das Risiko praktisch vernachlässigbar bleibt, wenn es sich um eine versehentliche und kurzfristige Einnahme handelt.
Frühschwangerschaft versus spätere Schwangerschaft
Der Zeitpunkt der Pilleneinnahme spielt eine entscheidende Rolle:
- Frühschwangerschaft (erste 12 Wochen): In dieser sensiblen Phase, in der die Organogenese – also die Bildung der Organe – stattfindet, können theoretische Risiken etwas ausgeprägter sein. Studien haben gezeigt, dass hier der Körper besonders empfindlich auf hormonelle Veränderungen reagiert.
- Spätere Schwangerschaft: Sobald der Fötus wichtige Entwicklungsstadien erreicht hat, ist er widerstandsfähiger gegenüber kurzfristigen hormonellen Schwankungen. Eine zusätzliche Hormonzufuhr hat in dieser Phase meist kaum Einfluss.
Pille während Schwangerschaft: Fehlgeburten und spezifische Risiken
Die Frage, ob Pille nehmen während Schwangerschaft das Risiko einer Fehlgeburt erhöht, wird immer wieder diskutiert. Einige Fall-Kontroll-Studien deuten auf einen leichten Zusammenhang hin, jedoch ist dieser statistisch meist nicht signifikant.
Konkrete Risiken, die theoretisch diskutiert werden, sind:
- Hormonelle Dysbalance: Eine zusätzliche Zufuhr von Östrogen und Gestagen kann den natürlichen Hormonhaushalt stören, was theoretisch zu einem erhöhten Fehlgeburtenrisiko führen könnte.
- Entwicklungsstörungen: Im Fokus stehen hierbei gelegentlich Herzfehler (z. B. Ventrikelseptumdefekte) und Neuralrohrdefekte, wobei diese Befunde nicht konsistent bestätigt wurden.
Was tun, wenn du schwanger bist und die Pille genommen hast?
Falls du feststellst, dass du während der Schwangerschaft das Verhütungsmittel eingenommen hast, ist es wichtig, besonnen zu handeln:
- Dokumentiere die Einnahme: Notiere Datum, Uhrzeit und Art der eingenommenen Pille (z. B. Kombinationspille oder Minipille).
- Sofort ärztliche Beratung: Vereinbare umgehend einen Termin bei deinem Frauenarzt oder deiner Frauenärztin, um deine individuelle Situation abzuklären.
- Informiere dich weiter: Nutze vertrauenswürdige Informationsquellen, wie etwa die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)
Der wichtigste Schritt ist, nicht in Panik zu geraten, sondern strukturiert vorzugehen und professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu Pille während Schwangerschaft
Was passiert, wenn ich in den ersten Schwangerschaftswochen die Pille genommen habe?
Die Mehrheit der Studien – etwa die Untersuchung von Czeizel & Rockenbauer (1994) – zeigt, dass eine einmalige Einnahme meist keine langfristigen Schäden verursacht. Dennoch ist in dieser sensiblen Phase besondere Vorsicht geboten.
Kann die Pille eine Fehlgeburt auslösen?
Laut den ACOG-Leitlinien (2018) ist die versehentliche Einnahme oraler Kontrazeptiva in der Frühschwangerschaft nicht eindeutig mit einem erhöhten Fehlgeburtenrisiko verbunden.
Was tun, wenn ich versehentlich die Minipille genommen habe?
Auch wenn die Minipille nur Gestagene enthält, solltest du umgehend ärztlichen Rat einholen, um deine Situation individuell abzuklären.
Wie gehe ich vor, wenn ich die Pille in der Frühschwangerschaft genommen habe?
Setze das Präparat sofort ab, dokumentiere alle Details der Einnahme und vereinbare schnellstmöglich einen Termin bei deinem Frauenarzt oder deiner Frauenärztin.
Pille während Schwangerschaft: Expertenmeinungen und Studienlage
Die Empfehlungen von Fachgesellschaften untermauern die überwiegende Meinung, dass eine einmalige oder kurzfristige Einnahme der Pille während der Schwangerschaft praktisch keine gravierenden Risiken birgt. Die American College of Obstetricians and Gynecologists (ACOG, 2018) betont, dass kurzfristige hormonelle Schwankungen in den meisten Fällen vom Körper kompensiert werden können³. Ebenso hebt die WHO in ihren Richtlinien hervor, dass versehentliche Einnahmen, sofern sie nicht fortgeführt werden, in der Regel nicht mit langfristigen Fehlbildungen in Verbindung stehen².
Externe Ressourcen und weiterführende Links
Für weiterführende Informationen und wissenschaftlich fundierte Beratung kannst du folgende Quellen nutzen:
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): www.bzga.de
- World Health Organization (WHO) – Medical eligibility criteria for contraceptive use (2015): WHO MEC 2015
- American College of Obstetricians and Gynecologists (ACOG): ACOG Guidelines
Fazit
Die Frage, was passiert, wenn man während der Schwangerschaft die Pille nimmt, ist komplex und individuell zu betrachten. Pille während Schwangerschaft kann – besonders in der sensiblen Frühphase – theoretisch zu hormonellen Veränderungen führen, die in seltenen Fällen das Risiko für bestimmte Fehlbildungen wie Herzfehler oder Neuralrohrdefekte geringfügig erhöhen. Die überwiegende Studienlage, wie etwa die Untersuchung von Czeizel & Rockenbauer (1994) sowie die Empfehlungen der WHO (2015) und ACOG (2018), zeigt jedoch, dass praktische Risiken in den meisten Fällen statistisch nicht signifikant sind. Dennoch solltest du bei Unsicherheiten oder auffälligen Symptomen sofort ärztlichen Rat einholen.
Wenn du betroffen bist oder dir unsicher fühlst, zögere nicht und vereinbare umgehend einen Termin bei deinem Frauenarzt oder deiner Frauenärztin. Informiere dich weiter auf vertrauenswürdigen Seiten und teile diesen Artikel, um auch anderen Frauen in ähnlichen Situationen weiterzuhelfen. Deine Gesundheit und die deines Babys stehen an erster Stelle – handle verantwortungsbewusst und lass dich professionell beraten!
¹ Czeizel, A. E., & Rockenbauer, M. (1994). Oral contraceptives and congenital malformations. BMJ, 308(6934), 1295–1299.
² World Health Organization. (2015). Medical eligibility criteria for contraceptive use (5th ed.). Geneva, Switzerland: WHO.
³ American College of Obstetricians and Gynecologists. (2018). Frequently Asked Questions: Contraception.