Es ist schnell passiert: das Kind badet im Planschbecken, rutscht aus und taucht mit dem Kopf unter. Im besten Falle sind die Eltern sofort zur Stelle und ziehen das Kind aus dem Wasser. Es prustet und hustet; das Kind hat etwas Wasser verschluckt. Der Schreck sitzt tief. Häufig sind diese Situationen harmlos. Dennoch gehört Ertrinken mit zu den häufigsten Todesursachen bei Kindern. Und bei Babys reicht bereits sprichwörtlich eine Pfütze.
Das Element Wasser hat für viele Kinder eine große Anziehungskraft. So lauern selbst im Alltag große Gefahren. Kinder unter zwei Jahren ertrinken am häufigsten in der Badewanne, während Ein- bis Dreijährige meist in Gartenteichen ertrinken. Kinder im Alter zwischen zwei bis sechs Jahren ertrinken am häufigsten in offenen Gewässern. Mit über sechs Jahren ertrinken Kinder größtenteils in Schwimmbädern.
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Kinder ertrinken still
Was viele Eltern zudem nicht wissen: Kinder ertrinken nicht laut schreiend und um sich strampelnd, wie man vielleicht aus dem Fernsehen kennt. Gerade kleinere Kinder ertrinken leise und daher oft unbemerkt. Ertrinkende Kinder gehen unter wie ein Stein; sie schnappen eventuell kurz nach Luft, gehen dann jedoch regungslos unter. Da ertrinkende Kinder so schnell und still untergehen, sieht es für einige Eltern aus, als würde das Kind tauchen.
Dies stille Ertrinken ist vermutlich auch der Grund dafür, dass bei der Hälfte aller ertrinkenden Kinder die Eltern sich in unmittelbarer Nähe aufhalten. Bei jedem zehnten Kind sehen die Eltern sogar zu ihrem Kind hin, ohne zu begreifen, dass ihr Kind gerade ertrinkt.
Wie äußert sich ertrinken bei Kindern?
Ertrinkende Kinder sehen aus, als ob sie im Wasser treten würden. Sie haben häufig einen glasigen Blick und beschleunigte Atmung. Generell gilt: Kinder machen beim Toben und Spielen im Wasser immer Lärm. Sobald es also still wird, ist Vorsicht geboten. Da Kinder sich, besonders falls sie noch nicht schwimmen können, schlecht alleine über Wasser halten können, rufen die wenigsten Kinder um Hilfe.
Ertrinken bei Kindern zeigt sich zusätzlich anders als bei Erwachsenen. Kinder haben einen sogenannten Eintauchreflex, dies heißt: sobald das Gesicht mit kaltem Wasser in Berührung kommt, wird automatisch der Atem angehalten. Dieser nützliche Reflex verhindert bestenfalls, dass Wasser in die Lunge eindringen kann.
Wenn das Kind jedoch nicht schnell genug wieder an die Oberfläche kommt, fällt der Blutdruck und der Herzschlag verlangsamt sich. Nach kurzer Zeit unter Wasser kommt es irgendwann zu spontaner Atmung; so wird Wasser eingeatmet und gelangt in Lunge. Dies kann einen Krampfanfall auslösen und das Kind wird bewusstlos.
Rettung eines Ertrinkenden – Wie kann man seinem Kind helfen?
Wie in allen Notsituationen ist es in erster Linie wichtig, Ruhe zu bewahren. Im Falle des Ertrinkens, sollte man zuerst versuchen, sich einen Überblick über die Situation zu verschaffen.
Droht das Kind in einem kleinen Planschbecken oder ähnlichem zu ertrinken, kann das Kind einfach aus dem Wasser genommen werden.
Anders sieht es vermutlich aus, wenn das Kind sich in einem großen Schwimmbad oder in einem offenen Gewässer befindet. Hier ist es wichtig erst festzustellen, ob das ertrinkende Kind bei Bewusstsein ist oder nicht.
- Falls das Kind noch bei Bewusstsein ist, kann der sogenannte Achselschleppgriff angewandt werden. Dafür nähert sich der Retter von hinten an das Kind. Der Retter schlingt beide Arme unter den Achseln des Kindes hindurch und benutzt seine Beine um zum Ufer zu schwimmen. Dabei sollte beruhigend auf das Kind eingeredet werden.
- Falls das Kind bewusstlos ist, ist es wichtig, das der Retter den Kopf des Kindes über Wasser hält. Dafür werden von hinten beide Hände unter das Kinn des Kindes gelegt.
Ist das Kind wieder an Land sind die nächsten Schritte ebenso entscheidend. Auch hier wird danach unterschieden, ob das Kind bei Bewusstsein ist oder nicht.
- Wenn das Kind bei Bewusstsein ist, sollte man dem Kind möglichst schnell die nasse Kleidung ausziehen und bestenfalls in Decken wickeln. Wichtig ist, dass das Kind langsam aber stetig aufgewärmt wird. Eine Unterkühlung zählt zu einer der Todesursachen als Folge des beinahe Ertrinkens.
- Ist das Kind jedoch bewusstlos, müssen sofort Wiederbelebungsmaßnahmen gestartet werden! Gleichzeitig sollte sofort der Notdienst gerufen werden.
Auf keinen Fall darf man das Kind nach dem beinahe-Ertrinken schütteln oder mit Beinen nach oben hochziehen. Sonst kann eventuelles Wasser weiter in die Lunge gelangen. Ebenfalls sollte nicht versucht werden, in die Lunge gelangtes Wasser heraus zu pumpen.
Auch wenn das Kind sich scheinbar gut erholt hat, sollte nach so einem Unfall ein Krankenhaus oder eine Rettungsstelle aufgesucht werden. In die Lunge eingedrungenes Wasser kann auch erst Stunden nach dem Unfall zu Komplikationen führen. → zweites Ertrinken
Zweites Ertrinken
Was ist zweites Ertrinken?
Viele, die das erste Mal von dem Begriff „zweitem Ertrinken“hört, sind vermutlich verwirrt. Zweites Ertrinken bezeichnet einen Notfall, welcher erst nach einem Badeunfall eintritt.
Sprich: nachdem ein Badeunfall auftrat, scheint dieser für das Kind glücklicherweise nicht mehr als ein Schreck gewesen zu sein. Eltern und Kind sind erleichtert. Jedoch wissen viele Eltern nicht, dass hier die Gefahr für das Kind noch nicht vorbei ist.
Bei dem zweiten Ertrinken gelangt während des Unfalls Wasser in die Lunge. Das in die Lunge eingedrungene Wasser wird von dem umliegenden Gewebe aufgesaugt. Dadurch werden die Lungenbläschen geschädigt und es kommt zu einem Lungenödem. Die Lungenbläschen kollabieren und sind daher nicht mehr in der Lage, Sauerstoff an das Blut abzugeben. Durch den Sauerstoffmangel entsteht eine Schwellung und dadurch eine Schädigung des Gehirns. Unbemerkt sinkt der Sauerstoffgehalt weiter, das Hirn schwillt weiter an, bis das Herz stehen bleibt.
Bereits ein Schluck Wasser reicht für das zweite Ertrinken aus; etwa zwei Milliliter pro Körpergewicht sind gefährlich.
Woran erkennt man die ersten Symptome des zweiten Ertrinkens?
Nicht immer treten nach einem Badeunfall Symptome eines zweiten Ertrinkens auf; genau dies macht es so gefährlich. Das Kind atmet möglicherweise tiefer ein oder hustet.
Meist sind keine weiteren Symptome vorhanden; das Kind benimmt sich normal. Mögliche weitere Symptome können aber sein:
- Das Kind hustet viel; dies ist besonders nach beschwerdefreier Zeit alarmierend.
- Ungewöhnlich schnelles Atmen.
- Oder auch Probleme mit dem Atmen.
- Verfärbte Lippen.
- Das Kind wirkt teilnahmslos.
- Eventuell tritt Fieber auf.
- Schmerzen in der Brust.
- Extreme Müdigkeit.
Wann sollte man sich Sorgen machen und was kann man tun?
Generell sollte jeder Badeunfall, bei dem das Kind kurze Zeit im Wasser treibt oder anschließend stark hustet, als Alarmzeichen gesehen werden.
Wenn das Kind nach einem Badeunfall Probleme mit der Atmung hat, sollte dies vorsichtshalber von einem Arzt untersucht werden. Oft erholen sich Kinder von alleine. Werden die Symptome jedoch schlimmer oder gehen nicht weg, sollte eine Klinik aufgesucht werden.
Da das zweite Ertrinken jedoch meist ohne gravierende Symptome einhergeht, sollten Eltern ihre Kinder nach jedem Badeunfall, egal wie klein, vorsichtshalber gut beobachten und selbst bei den kleinsten Bedenken lieber den Kinderarzt oder das Krankenhaus aufsuchen.
Hier kann nämlich beispielsweise der Sauerstoffgehalt des Blutes kontrolliert werden und bei einer möglichen Verschlechterung des Zustandes schnell reagiert werden.
Falls das Krankenhaus nicht aufgesucht werden kann oder sich Eltern dagegen entscheiden, sollte das Kind wie bereits erwähnt dennoch zu Hause beobachtet werden. Dies gilt auch für nachts! Hier können sich Eltern einen Wecker stellen und regelmäßig nach ihrem Kind sehen. Tritt ein rasselndes, brodelndes oder pfeifendes Atmen auf, sollte möglichst sofort ein Krankenhaus aufgesucht werden.
Prinzipiell sind Fälle des zweiten Ertrinkens sehr selten und betrifft nur 1-2% aller Ertrinkungsfälle.
Wie kann man Ertrinken vorbeugen?
Der Gedanke, dass das eigene Kind ertrinken könnte ist erschreckend. Damit man nicht in diese Situation kommt, gibt es einige Dinge, die man beachten sollte:
- Babys sollten sich nie unbeobachtet in der Badewanne aufhalten. Selbst Baby-Badewannen sind hier keine Ausnahme!
- Kinder sollten sich niemals unbeaufsichtigt in der Nähe von Gewässern (wie Seen, dem Meer oder einem Teich) sowie Schwimmbädern aufhalten. Genau so ist Vorsicht bei gefüllten Regentonnen geboten: selbst hier können Kinder unter Umständen ertrinken!
- Gerade im Meer können nicht nur Kindern sondern auch erfahrene Schwimmer die Strömung oder den Wellengang schnell unterschätzen.
- Selbst mit Schwimmhilfe können Kinder unter Umständen ertrinken!! Kinder können „kippen“ und beispielsweise mit dem Kopf unter Wasser geraten.
- Auch aufblasbare Spielzeuge (wie Delfine oder Schwimmringe etc.) sind keine Hilfe vor Ertrinken!
- Kindern sollte möglichst früh das Schwimmen beigebracht werden und auch regelmäßig geübt werden. Gerade Schwimmanfänger brauchen viel Übung, um alles gelernte zu verinnerlichen.
- Das Seepferdchen bedeutet nicht sofort, dass das Kind sicher schwimmen kann. Jedes zweite Kind über zehn Jahren kann nicht sicher schwimmen, trotz Seepferdchen.
- Bei einer Bootsfahrt sollten Kinder immer Schwimmwesten anziehen.
- Niemals sollte man Kinder unmittelbar nach einer Mahlzeit schwimmen lassen.
- Kind sollten sich bei heißen Temperaturen vorher mit kalter Dusche abkühlen, bevor sie ins Wasser gehen; zum Beispiel im Schwimmbad.
- Falls man einen eigenen Pool besitzt, sollte dieser unbedingt eingezäunt sein!